Gotthold Ephraim Lessing
These: Emilia selbst ist der Auslöser des Mordes. Sie bringt ihren Vater dazu ihn auszuführen.
Emilia Galotti ist sehr streng und religiös erzogen und sollte eigentlich den Mann heiraten, den sie liebt und ihm für immer treu bleiben. Jedoch entwickelt sie während ihrer Gefangenschaft Liebesgefühle gegenüber ihres Entführers, des Prinzen, obwohl die Hochzeit mit ihrem Ex- Verlobten, dem Graf Appiani, noch nicht stattgefunden hat und auch nie stattfinden wird, überkommen sie Schuldgefühle. Sie möchte sich mit dem mitgebrachten Dolch des Vater erstechen, doch er versucht sie davon abzuhalten, da sie „nur Ein Leben zu verlieren“ (S.73,7) hat. Doch Emilia besitzt auch „nur eine Unschuld“ (S.73, 8) und sieht die entstehenden Gefühle als Liebesbetrug an. Sie empfindet ihr Gefühlschaos als eine Schande für die Familie und möchte durch ihren Tod die Ehre wieder herstellen. „Was Gewalt heißt, ist nichts. Verführung ist die wahre Gewalt. – Ich habe Blut, mein Vater; so jugendliches, so warmes Blut, als eine.“ (S.73, 11- 13)
Durch ihre strenge Religion vergleicht sie ihre Situation mit biblischen Menschen, die um „nichts Schlimmeres zu vermeiden, in die Fluten sprangen und (heute) Heilige sind“(S.73, 19/20). Aus diesem Grunde sieht sie es als gerechtfertigt an, sich umzubringen. Als ihr Vater Odoardo ein zweites Mal einschreitet um seine Tochter am Leben zu erhalten, versucht sie ihm Schuldgefühle zuzureden: „(Eine rosige Haarnadel gehört) nicht in das Haar einer, - wie mein Vater will, dass ich werden soll!“ (S. 73, 33) Sie zweifelt seine wirkliche Vaterliebe an: „Ehedem wohl gab es einen Vater, der seine Tochter von der Schande zu retten, ihr den ersten den besten Stahl in das Herz senkte- ihr zum zweiten das Leben gab. [...] Solcher Väter gibt es keinen mehr.“ ( S.74, 1- 4)
Nun endlich ist der Vater bereit seine Tochter von dem seelischen Leiden zu befreien und behilft ihr in ein „zweites Leben“ indem er sie umbringt. Kurz bevor das endgültige Licht in ihren Augen erlischt, vergleicht sie sich und seine Tat mit einer Rose: „Eine Rose gebrochen, ehe der Sturm sie entblättert.“ (S. 74, 8). Statt, dass sie an den seelischen Qualen langsam zerbricht und nie wieder ein unbekümmertes und frohes Leben verbringen kann, wollte sie schnell und jetzt sterben.
June van Frannt 2004
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