Die verwöhnte, fürsorgliche Schwester
Gregor nimmt es seiner Schwester vor der Verwandlung nicht übel, dass sie sich in der Familie parasitenhaft aufführt, denn im Gegensatz zu ihm kann sie lang schlafen, sich nett kleiden und kleinen Vergnügungen wie etwa ihrem Violinespiel hingeben. Die Eltern sehen in ihr ein etwas nutzloses Mädchen und ärgern sich des Öfteren über sie, aber Gregor gönnt ihr diesen Lebensstil und wollte sie sogar auf Konservatorium schicken, obwohl sie in seinen Augen noch ein Kind ist.
Das Leben Gretes steht gleichzeitig im krassen Gegensatz zu dem des 16-jährigen, den ganzen Tag über in der Samsaschen Küche arbeitenden Dienstmädchens.
Unmittelbar nach der Verwandlung stellt Grete zusammen mit der Mutter den Gegenpol zum Vater da, denn sie sind besorgt um Gregor und insbesondere Grete sehr fürsorglich. Gregor hält sie für klug und sensibel und meint, sie wäre in der Lage, dem Prokuristen seinen Schrecken auszureden.
Im Verlauf der Erzählung vollzieht sich eine Funktionsverschiebung, indem die frühere Nutzlosigkeit der Schwester auf Gregor übertragen wird, während diese sich nun in der Familie nützlich macht. Das Verbindungsgefüge Familie erscheint als ein labiles Gleichgewicht von Kräften, welches sensibel auf Veränderungen reagiert und immer auf Ausgleich bedacht ist.


von Linda Krause


 


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