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Präimplantationsdiagnostik, Fortschritt oder eine neue Art von Eugenik? |
Ein Referat von Raphael Juchler
Biologie GK Klasse 13 Genetik
Präimplantationsdiagnostik (PID)
Fortschritt oder eine neue Art von Eugenik?
Inhalt
Durchführung der PID
Die Gefahren der PID
Fakten über die PID
Der Rechtliche Teil der PID
PID Fortschritt oder eine neue Art von Eugenik
Die Präimplantationsdiagnostik (PID) wurde ende der 80er bzw. Anfang der 90er Jahre entwickelt. Sie wird vor allem in den USA, Belgien, Australien und England angewandt.
Voraussetzung für die PID ist die In-Vitro-Fertilisation (IVF), in anderen Worten die Befruchtung einer Eizelle im Reagenzglas. Bei diesem Verfahren werden Eizellen aus dem Eierstock durch einen operativen Eingriff gewonnen. Die Eizellen werden dann, jeweils eine, in eine Petrischale gegeben. Zur dieser Eizelle werden dann ca. 100 000 Samenzellen, die zuvor von der Samenflüssigkeit getrennt wurden und ein Waschprozess durchlaufen mussten, in die Petrischale hinzu gegeben.
Im Unterschied dazu werden bei " einfachen Inseminationsbehandlungen" (künstliche Befruchtung) die Samenzellen über die Scheide in die Gebärmutterhöhle geleitet.
Nach der erfolgreichen IVF entwickeln sich Embryos, von denen man am dritten Tag nach der Befruchtung, der sogenannten Blastomerdiopsie, Zellen entnimmt, um diese durch verschiedene Vorgänge zu untersuchen.
In diesem Augenblick fängt die eigentliche PID an.
Aus den Embryos, die gewisse Zellstadien durchlaufen, werden 1-2 Zellen entnommen. Dies geschieht zwischen dem 4ten und 10ten Zellstadium, da man davon ausgeht, dass sich zum 8ten Zellstadium jede entnommene Zelle zu einem Embryo entwickeln kann, diesen Zustand nennt man Totipotenz.
Anschließend werden die Zellen im Labor durch zwei verschiedene Diagnoseverfahren diagnostiziert, bzw. auf ihre Lebenserwartung getestet.
Im ersten Verfahren, der sogenannten Chromosomendiagnostik können zwei verschiedene Diagnosen gestellt werden: zum einen kann man das Geschlecht des zukünftigen Menschen erkennen und zum anderen kann man Abweichungen zum normalen Chromosomenbild sehen.
In diesem Verfahren wird die FISH (Flourescene in situ Hybridisation)-Methode angewandt.
Zunächst wird der Zellkern durch ein spezifisches Verfahren an einem Glasplättchen fixiert. Anschließend werden Sonden, die mit einem fluoreszierenden Farbstoff gekoppelt sind, zu den fixierten Kernen gegeben. Dabei verbinden sich die Sonden mit dem für sie spezifischem Chromosom, diese Verbindung nennt man Hybridisierung.
Die Hybridisierung ist durch den fluorisierenden Farbstoff unter dem Mikroskop sichtbar und man kann die oben genannten Merkmale erkennen.
Das zweite Verfahren ist die Molekulargenetische Diagnostik die es ermöglicht monogene Defekte zu erkennen.
In diesem Verfahren werden die Gene der Zellen während der tausendfachen Vermehrung mit einem Farbstoff oder einer radioaktiven Substanz gekenzeichnet, so dass man eventuelle Veränderungen gegenüber Kontrollgenen rechtzeitig erkannt werden können.
Diese zwei Methoden sind in wenigen Stunden durchgeführt und die getesteten Embryos können nach diesen Tests selektiert werden und das ideale Embryo wird sofort in den Uterus der Frau transferiert.
Die "unbrauchbaren Embryos" werden schlicht weg weggeworfen, oder für andere Forschungsversuche benutzt.
Nach dem Transferieren des Embryos wird das Kind normal ausgetragen. Während der Schwangerschaft wird das Kind jedoch auch der Pränatalendiagnostik unterzogen.
Die PID ermöglicht nicht nur die Erkennung des Geschlechtes, sondern man kann durch dieses Verfahren ebenfalls Chromosomentranslokation (falsch zusammengesetzte Chromosomen) erkennen, sowie ebenfalls viele verschiedene Krankheiten, wie z.B. Trisomie 21, die Bluterkrankheit, Mukoviszidose, Chorea Huntington, zystische Fibrose und Thalassämie.
Der Vorteil der PID liegt im psychologischem, da die Embryos außerhalb des Körpers behandelt werden, ist eine persönliche Beziehung zwischen Mutter und Kind nicht möglich. Ebenfalls verhindert dieses Verfahren eine bei der Pränatalendiagnostik eventuell aufkommenden Abtreibung, die jedoch später durchaus vorkommen kann.
Die Gefahren der PID
Die PID ermöglicht bis heute noch, "nur" Geschlecht und Krankheiten, sowie auch die Gene des späteren Menschen zu erkennen. Experten sagen aber, dass der medizinische Fortschritt es in geraumer Zeit ermöglichen wird Kinder nach Maß zu bestellen, d.h. man wird sich z.B. die Haarfarbe sowie vielleicht die Intelligenz des Menschen bestimmen können.
Die Vorstellung, dass Kinder auf Bestellung durchaus realistisch ist, ist heute keine Vorstellung mehr sondern sie ist bereits Realität. In den USA und z.T. in England ist diese Möglichkeit bereits legalisiert und vorhanden. Noch kann man wie schon gesagt bestimmte Eigenschaften nicht beeinflussen, aber zu medizinischen Zwecken wird die PID schon genutzt, wie der folgende Fall aus England zeigt.
In diesem Fall wurde ein Kind mit der Krankheit Beta-Thalassämie geboren. Dieses Kind ist nun drei Jahre alt und der Versuch der islamischen Familie eine dringend benötigte passende Knochenmarkspende zu finden ist fehlgeschlagen. Das Kind wird durch Medikamente und Bluttransfusionen am Leben gehalten. Äußerlich ist diese Krankheit kaum zu erkennen, aber das Blut des Kindes ist nicht in der Lage genug Sauerstoff zu binden, weil es an roten Blutkörperchen fehlt. Die Lebenserwartung bei dieser Krankheit mit den nötigen Medikamenten liegt bei 10 Jahren.
Die letzte Hoffnung der Familie lag deshalb in der PID, da diese durch eine Selektion ermöglichen könnte einen passenden Spender für das kranke Kind zu "produzieren".
Das nächste Kind der Mutter sollte also deshalb geboren werden um das Kranke zu retten.
Abgesehen davon, dass dieser Versuch auch fehlgeschlagen ist, weil durch einen Fehler der Ärzte ein Kind entstand, dass die selbe Krankheit hatte, obwohl diese Krankheit wie oben erwähnt durch die Tests eigentlich diagnostiziert werden kann, und das Kind auch noch abgetrieben wurde, ist diese Art von PID schon die nächste Stufe.
Eine andere Gefahr die mit den heutigen Mitteln schon vorhanden ist, ist die Bestimmung des Geschlechtes des Kindes. Eltern die einen Kinderwunsch haben, können durch die PID das Geschlecht der Kinder bestimmen. Diese Eltern würden sich dann für die PID einsetzen und so würden bzw. werden immer mehr PID Anhänger geschaffen, die meiner Meinung nach durchaus eine Anzahl erreichen könnten die, die Regierung unter Druck bringen könnte.
Durch die PID könnte ebenfalls eine Behindertenproblematik auftreten, da durch die PID kaum noch behinderte Kinder geboren würden. Dies würde dazu führen, dass die Anzahl Sozialen Einrichtungen für behinderte Kinder stark reduziert werden würde und es somit für nicht PID Kinder die behindert geboren würden, es sehr schwer wäre eine geeignete Einrichtung zu finden.
Ebenfalls würde das Ansehen der Eltern der Behinderten Kinder und der Kinder selbst unheimlich leiden und dies hätte zur Folge, dass die staatlichen Hilfen kaum, oder vielleicht nicht mehr vorhanden wären, was wiederum dazu führen würde, dass diese Eltern und andere Eltern zur PID durch den gesellschaftlichen Druck gezwungen würden.
In der Gesellschaft würde sich das Gefühl noch mehr verfestigen, dass behindertes Leben, lebensunwert ist.
Fakten über die PID
Folgende Zahlen liefern einen Eindruck darüber welche Anzahl von Eizellen und daraus entsehenden Embryonen für eine erfolgreiche PID Befruchtung nötig sind.
| Anzahl | % |
Zyklen | 1318 | 100.0 % |
keine Entnahme von Eizellen möglich | 82 | 6.2 % |
Pro Zyklus wurden somit 12.4 Eizellen entnommen. Das heißt, dass je Geburt durchschnittlich bis zu 10 (!) Eizellentnahmen erfolgen mussten. Diagnosen und Embryotransfers |
Anzahl entnommene Eizellen | 16292 | - |
inseminierte Eizellen | 14522 | 100.0 % |
befruchtete Eizellen | 10220 | 70.4 % |
Embryonen, denen Zellen entnommen wurden | 8218 | 56.6 % |
Erfolgreich durchgeführte Zellentnahmen | 7991 | 55.0 % |
Diagnosen | 6182 | 42.6 % |
transferierbare Embryonen | * 2746 | 18.9 % |
transferierte Embryonen | 2248 | 15.5 % |
* Diese Zahl ist zu klein, da ein Zentrum nicht angab, wie viele Embryonen transferierbar waren. Verlauf bis zur Geburt |
Anzahl registrierte Feten (Chorionsäcke) | 224 | 1.54 % |
Schwangerschaften | 163 | 1.12 % |
Geburten | 123 | 0.85 % |
Babys | 162 | 1.11 % |
Somit müssen bei der Präimplantationsdiagnostik für eine einzige Geburt durchschnittlich 118 Eizellen inseminiert werden, wobei davon schließlich gerade noch 18 transferiert werden!
Zu den enormen Verlusten, die in dieser Datensammlung ausgewiesen werden, gehören auch sieben Abtreibungen, wobei Mehrlingsschwangerschaften auf ein oder zwei Kinder reduziert wurden. Invasive pränatale Diagnostik wurde in 132 Fällen durchgeführt, um die Präimplantationsdiagnostik zu überprüfen. Dabei wurden vier Falschdiagnosen entdeckt. Zwei der betreffenden Kinder wurden abgetrieben, während weitere zwei falsch diagnostizierte Kinder ausgetragen und mit ihren Krankheiten geboren wurden. Damit wird das Argument der Befürworter, PID verhindere Abtreibungen nach PND entkräftet oder zumindest stark relativiert.
Aus den Zahlen ist zu entnehmen, dass 25% der registrierten Schwangerschaften in Aborten enden, die von den Müttern physisch und psychisch verkraftet werden müssen. An der Studie haben sich Forscher aus folgenden Ländern beteiligt: Australien, Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Israel, Italien, Niederlanden, Südkorea, Spanien, Schweden, England und den USA.
(Diese Daten sind aus der Zeitschrift "Human Reproduction ")
Der Rechtliche Teil der PID
Wenn man sich solche Grafiken bzw. Zahlen ansieht und dann auch noch der Meinung ist, das Leben fängt im Embryonalzustand an, versteht man, dass die PID in Deutschland verboten ist.
In England und in den USA ist sie erlaubt.
In Deutschland ist die Diskussion über das Embryonenschutzgesetz (ESchG) neu entbrannt, da dieses Gesetz ein Hemmnis im medizinischen Fortschritt ist und somit auch einen wirtschaftlichen Schaden errichtet, da durch dieses Gesetz keine Konkurrenz zu Ländern wie den USA und England möglich ist.
Das ESchG verbietet es menschliche Embryonen nach einer künstlichen Befruchtung (IVF) außerhalb des Mutterleibes einer Diagnose zu unterziehen und genetisch belastete Embryonen gegebenenfalls "zu verwerfen", oder zu anderen Zwecken zu benutzen. Ebenfalls verbietet das ESchG eine Absicht die davon abkommt eine Schwangerschaft herbeizuführen. Es darf laut Gesetz auch nur ein Embryo für den Zweck der Schwangerschaft benutzt werden und nicht mehrere die dann wie oben schon gezeigt verworfen werden.
Dieses Gesetz zählt jedoch nur für die Embryonen im 8ten Zellstadium, also totipotente Embryonen, es ist also durchaus möglich (nicht in allen Bundesländern) PID durchzuführen mit Embryonen im 16ten Zellstadium, diese Embryonen gelten als nicht totipotent und sind deshalb für die PID freigegeben.
Das ESchG verbietet deshalb die PID, da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass aus einem totipotenten Embryo menschliches Leben entstehen kann und die "Verwerfung" eines Embryos eigentlich eine Auslöschung eines Lebens ist.
Die "Herstellung" von Embryos in Deutschland ist verboten, jedoch ist der Import legal.
Folgende Tabelle zeigt die Gesetzeslage in den verschiedenen Bundesländern
Bundesland | Diagnose an Embryonen | Einschränkungen |
Baden- Würtemberg | Verboten | Ausnahme bei schweren Erkrankungen |
Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Hamburg | Verboten |
Berlin, Sachsen, Mecklenburg-Vorp., Westfalen-Lippe, Sachsen-Anhalt | Verboten | Ausnahme bei schweren Erkrankungen und Beratungspflicht durch Ärztekammer oder Ethikkommission der med. Fakultät bei Forschung an Embryonengewebe |
Brandenburg | Nicht verboten | Beratungspflicht durch Ärztekammer oder Ethikkommission der med. Fakultät bei Forschung an Embryonengewebe |
Bremen | Nicht geregelt (nicht verboten) |
Niedersachsen | Verboten | Keine Ausnahme Regelung außer Beratungspflicht. |
Nordhein | Verboten | Auch diagnostische Maßnahmen an befruchteten Eizellen im Vorkernstadium sind verboten |
Saarland | Nicht verboten | Keine Regelung hinsichtlich diagnostischer Maßnahen |
Schleswig-Holstein, Thüringen | Verboten | Ausnahme: diagnostische Maßnahmen bleiben unberührt Beratungspflicht des Arztes vor Durchführung solcher Maßnahmen. |
Stand: 2000/2001 |
Aus dieser Tabelle kann man sehr gut erkennen wie undeutlich die Gesetzeslage in Deutschland zum Thema PID ist, deshalb sind sich Experten darüber einig, dass eine Einigung stattfinden sollte, aber auch im Rahmen der Wirtschaftlichkeit und des Fortschritts.
PID
Fortschritt oder eine neue Art Eugenik?
Die PID ist durchaus ein Fortschritt für die Medizin. Durch diese Art von Diagnose ist es möglich Eltern mit einem Kinderwunsch entgegenzukommen. Medizinisch gesehen kann man auch Menschenleben retten wie in den oben erläuterten Versuch den kleinen Jungen zu retten der eine dringende Knochenmarkspende benötigte.
Der negative Aspekt der PID liegt jedoch im moralischem.
In der Sicht der Kirche ist es dem Menschen verboten Gott zu spielen, indem er Menschen nach eigenem Wunschbild "produziert" und potentielle Menschen (Embryonen) die nicht den Anforderungen entsprechen tötet.
Das Hauptproblem liegt jedoch an der Selektion der Embryonen. Diese weist parallelen zu der Eugenik die im zweiten Weltkrieg durchgeführt wurde.
Die PID ist meiner Meinung nach durchaus eine neue Art von Eugenik, da durch die Selektion der Embryonen zwischen lebenswert und lebensunwert entschieden wird. Noch schlimmer wird es jedoch noch kommen, wenn man Kinder nach eigenem Wunschbild zusammenstellen kann, denn in diesem Fall wird nicht nur über lebenswertes und lebensunwertes leben gerichtet, sondern es wird auch im Auge der Gesellschaft, lebenswertes Leben vernichtet (Unbehindertes Leben).
Abschließend würde ich sagen, dass die PID einen Fortschritt für die Medizin ist, jedoch ein Rückschritt für die Moral.
- rapjuc -
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